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ALTE MU

Eine cross-innovative Umnutzung der ehemaligen Muthesius Kunsthochschule

Vorgestellt von:
Friederike Kopp

Vorstandsmitglied der ALTE MU eG
Geschäftsführerin Urbane Impulse GmbH

Keyfacts


Umnutzung: Seit 2012
 
Kreative Reaktivierung einer leerstehenden Kunsthochschule

#35

Die "ALTE MU": Eine Kreative Umnutzung der ehemaligen Kunsthochschule

Kiel, eine Stadt mit einem aufstrebenden Kreativsektor, hat seit 2012 mit einer leerstehenden Immobilie, der ehemaligen Muthesius Kunsthochschule (MKH), gekämpft. Doch nun hat sich das Blatt gewendet. Das Projekt „ALTE MU“ hat die Räumlichkeiten der MKH in ein lebendiges und selbstorganisiertes Kreativzentrum verwandelt.

Das „ALTE MU“ ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie eine leerstehende Immobilie erfolgreich umgenutzt werden kann. Das Zentrum bietet in Zukunft nicht nur Raum für Wohnungen, sondern auch für eine Imkerei und kreative Arbeitsplätze. Es ist ein Ort, der Kunst, Musik, Kultur, Nachhaltigkeit, Bildung und Gartenarbeit zusammenführt.

Ein Schlüsselaspekt des Projekts liegt in seiner Betonung der Bedeutung von Netzwerken und Gemeinschaftsbeteiligung. Es ist ein Ort des Experimentierens und der Kreativität, der neue Zielgruppen anzieht und insbesondere für junge Menschen die Innenstadt attraktiver gestaltet.

Darüber hinaus bietet die „ALTE MU“ wichtige Lehren für die Zukunft der Innenstädte. Es demonstriert, wie eine nachhaltige und selbstständige Gemeinschaft aufgebaut werden kann, die teilweise unabhängig von staatlicher Finanzierung agiert. Die Betonung von Basisdemokratie und klaren Abstimmungsregeln ermöglicht es, Konflikte zwischen verschiedenen Interessengruppen effektiv zu lösen.

Das Alte Mu-Projekt ist ein wegweisendes Beispiel dafür, wie eine breite Gesellschaft angesprochen und neue Zielgruppen in die Innenstadt gebracht werden können, um diese attraktiver zu gestalten. Es zeigt den Weg zu einer lebendigen, vielseitigen und zukunftsorientierten Stadtlandschaft. Das Projekt „ALTE MU“ dient als Inspiration und Modell für ähnliche Initiativen in anderen Städten, die nach innovativen Lösungen für ihre leerstehenden Immobilien suchen.“

In der 35. STADTKANTINE (vom 25.04), sprachen wir mit Friederike Kopp, Vorstand ALTE MU eG., über dieses spannende Projekt.

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Best-Practice-Beispiel: ALTE MU

Lessons Learned aus der Stadtkantine #35

ALTE MU: Entstanden durch zufällige Umstände:

Es gibt vier entscheidende Faktoren, die zur Entstehung der „ALTE MU“ beigetragen haben:

1. Eine gescheiterte Zwischennutzung in einem anderen Stadtteil, welche ehrenamtliches Potenzial für die „ALTE MU“ freisetzte.

2. Der Uni-Wettbewerb „Change Maker“, bei dem Studierende im Rahmen eines Uni-Kurses ihr erstes Startkapital für ein zu planendes Unternehmen erhielten und wertvolle Erfahrungen im Projektmanagement sammelten. Einige dieser Projekte fanden schließlich ihren Platz in der „ALTE MU“.

3. Eine engagierte Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt eines Kleingartengeländes einsetzte und damit den ersten Volksentscheid in Kiel auslöste. Dies war ein entscheidender Moment, der verdeutlichte, dass durch gemeinsames Handeln Großes erreicht werden kann.

4. Der Umzug der Kunsthochschule aus den Räumlichkeiten und die Zustimmung der Hochschule, dass diese von der „ALTE MU“ genutzt werden können.

Ein „Ja“ von der Verwaltung

In einem mutigen Schritt entschied sich die Stadt Kiel dazu, den Freiraum in der Innenstadt nicht selbst zu beplanen, um kreativen Köpfen die Möglichkeit zu geben, sich frei zu entfalten und organisch „Neues“ entstehen zu lassen, ohne dass alles von vornherein geplant oder vorgegeben war. Solange keine Sicherheitsrisiken bestanden, gewährte die Stadt den Initiatorinnen den notwendigen Freiraum und signalisierte ihre Zustimmung zum Prozess, sofern bestimmte Rahmenbedingungen, wie etwa die Sicherheitsaspekte, geklärt wurden.
Der Mehrwert der „ALTE MU“ wird erkannt und geschätzt, was zur Einführung einer Förderrichtlinie für Kreative geführt hat. Aktuell gibt es neben der „ALTE MU“ vier weitere von der Stadt anerkannte Kreativzentren, die zusammen mit der „ALTE MU“ ein dynamisches Ökosystem bilden. Ein weiteres Kreativzentrum namens „Open Campus“ ist in der Innenstadt aktiv und hat die Umnutzung eines Kaufhauses initiiert, in dem ein Konzeptstore entstanden ist.
In der Verwaltung erfährt die „ALTE MU“ eine umfassende Unterstützung, auch in Bezug auf Fragen rund um Baugenehmigungen. Dabei wurde erkannt, dass sowohl die Verwaltung als auch die „ALTE MU“ dasselbe Ziel verfolgen: die Stadt lebenswerter, kreativer und sozialer zu gestalten. Somit existieren viele Schnittmengen in Bezug auf die strategische Ausrichtung und es bestehen zahlreiche Berührungspunkte bei den thematischen Herausforderungen.

Gesicherte Finanzierung:

Bis 2016 gab es keinen finanziellen Druck, da die Kunsthochschule/das Land die Kosten trug. Dadurch konnten sich Kreative entfalten und kreativer Output entstehen. Es ist ein essenzieller Prozess, Menschen zunächst ohne finanziellen Druck arbeiten zu lassen. Allerdings erfordert dies eine solide Finanzierung. Dies war ein entscheidender Indikator, da eine fehlende finanzielle Absicherung das Vorhaben unmöglich gemacht hätte.

Thema Lärmentwicklung:

Die „ALTE MU“ legt ihren Schwerpunkt auf Kunst und Kultur, einschließlich Veranstaltungen. In der Mischbebauung mit einem umliegenden Hotel und Wohnhäusern können Konflikte entstehen, wenn es gelegentlich lauter wird. Es ist jedoch von großer Bedeutung, dass gemischte Quartiere gefördert werden, in denen Clubs und kulturelle Einrichtungen in der Innenstadt Platz finden können. Dabei ist es entscheidend, einen Kompromiss zwischen Lärmschutz und der Förderung von kulturellen Aktivitäten zu finden

Experimentieren und Ausprobieren:

Das „ALTE MU“-Projekt ist ein Ort des Ausprobierens und eine Erweiterung der Innenstadt, die neue Zielgruppen anzieht und die Innenstadt für junge Menschen attraktiver macht. Es zeigt, wie wichtig es ist, neue Ideen und Konzepte auszuprobieren, um die Innenstadt lebendiger und attraktiver zu machen.

Bedeutung des Ehrenamtes:

Das ehrenamtliche Engagement spielt bei der „ALTE MU“ eine bedeutende Rolle. Es wird auf die Eigenverantwortung und das Engagement der Nutzer:innen hingewiesen, beispielsweise durch das Reinigen der Räumlichkeiten. Da die Aufgaben für das hauptamtliche Personal immer komplexer werden und ständig neue Herausforderungen auftauchen, ist die „ALTE MU“ auf die Unterstützung durch ehrenamtliche Arbeit angewiesen.

Durchhaltevermögen:

Ein beharrliches Durchhaltevermögen ist vonnöten. Es erfordert fortwährende Bemühungen, deutlich zu machen, was bei der „ALTE MU“ getan wird und dies öffentlich zu präsentieren. Darüber hinaus ist es notwendig, regelmäßig mit den richtigen Ansprechpartnern in der Stadtverwaltung zu kommunizieren und für das Projekt zu werben, um den Mehrwert, den es bietet, zu verdeutlichen.
Seit 2012 wurde in der Stadt Kiel zusätzlich ein Visionsprozess initiiert, um die Kreativität in der Stadt zu fördern. Durch einen glücklichen Zufall verliefen diese beiden Prozesse parallel. Trotzdem war es ein mühsamer Kampf, die Nutzung der „ALTE MU“ zu etablieren, und es gab mehrere Versuche, sie an einen anderen Standort zu verlegen.

Bedeutung von Netzwerken

Netzwerke sind für die Arbeit der „ALTE MU“ von zentraler Bedeutung. Auf lokaler Ebene hat die „ALTE MU“ mit anderen Akteur:innen der Stadt Kiel ein Stadtmacher-Netzwerk gegründet. Auf nationaler Ebene ist die „ALTE MU“ Teil des Netzwerks „Immovielen“. Auf internationaler Ebene setzt sich die „ALTE MU“ gemeinsam mit verschiedenen europäischen Initiativen für soziale Zwischennutzung ein, das „Social Temporary Use Network“.

Haftungsfragen

Die Haftungsfrage musste für den Verein geklärt sein. Wie sieht es mit Brandschutz aus, der Baumpflege oder dem Schneeräumdienst.

Der/ die Kümmer:in

Eine zentrale Kümmerrolle ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Dinge vorangehen und eine ansprechbare Anlaufstelle vorhanden ist. Die erste Person, die eingestellt wurde, hatte eine komplexe Aufgabe, die zwischen Hausmeister und Community Manager angesiedelt war. Dadurch konnten Alltagsanliegen schnell geklärt werden und die Kreativen konnten sich auf ihre Prozesse konzentrieren.


Copyright/Fotos: Gunnar Dethlefsen & Anne-Lena Cordes

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